Vorträge Studienwoche 2022

Ein Überblick der Vorträge

Vorträge 2022

(Digitale) Selbstoptimierung – Die Suche nach dem perfekten „Ich“

 

(Selbst)optimierung — als Chance?

Gespräch mit Helge Lindh und Enno Park

Helge Lindh: Mehr Menschlichkeit in der Politik

Mein Name ist Helge Lindh und ich bin der direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Wuppertal I. Ich vertrete Menschen, nicht Interessen. Politik darf nicht abgehoben und kalt sein. Es geht auch anders – es geht um Würde. Es geht um Arbeit, die dem Menschen dient und nicht umgekehrt. Es geht um Bildung für alle, um Zusammenleben ohne Angst vor Gewalt und Terror. Es geht um Rente, die Lebensleistungen anerkennt, um Integrationspolitik, die den Namen verdient. So stellt sich Helge Lindh auf seiner Internetseite vor. Er ist nicht nur als Politiker aktiv, sondern engagiert sich auch privat für Geflüchtete, unterstützt kulturelle Einrichtungen und setzt sich für Flutopfer ein. Dennoch oder gerade deshalb bekommt er Morddrohungen im Netz, wird auf der Straße angefeindet. Wie geht er beruflich und persönlich damit um? Wie konnte es soweit kommen und was muss sich in Politik und Gesellschaft optimiert werden, damit demokratische Prozesse nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt werden, es mehr Gemeinsamkeit als Spaltung gibt—diese Fragen werden wir stellen und noch mehr…

Enno Park: Sich zu verbessern, ist elementar

Praktiken der Selbstoptimierung haben nicht nur in den westlichen Kulturen eine lange Tradition. Egal ob Sport, Bildung oder Spiritualität:

Stetig an sich selbst zu arbeiten wird nicht nur als gesellschaftliche Norm, sondern sogar als anzustrebendes Ideal empfunden. In diese Tradition reihen sich die neuen, digitalen Praktiken der Selbstoptimierung ein, etwa wenn wir Körpermesswerte überwachen oder Schritte zählen. Aufklärung ist – so Immanuel Kant – der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Und nichts anderes als Aufklärung ist es, Daten über sich selbst zu sammeln und daraus Schlüsse für das eigene Handeln zu ziehen. Allerdings steckt im Wort “Selbstoptimierung” auch eine zu debattierende Frage: Was ist eigentlich das Optimum und wer legt es fest?

Enno Park

Wirtschaftsinformatiker und Publizist machte eine radikale Technikerfahrung: Nach mehr als 20 Jahren am Rande der Gehörlosigkeit erhielt er durch ein Cochlea-Implantat sein Gehör zurück. Das Implantat und somit sein Gehör ist zugleich Körperteil und programmierbarer Computer. Seither beschäftigt Park sich mit technikphilosophischen Fragen rund um das Verhältnis von Mensch und Technik, etwa ob ihn ein solches Implantat zum Cyborg macht oder das schon der Fall ist, wenn wir alle Mobiltelefone bei uns tragen. In etlichen Publikationen, Vorträgen sowie TV- und Radiobeiträgen spürt Park unserem Verhältnis zur Technik nach und kommt zum Ergebnis: Technik ist die Natur des Menschen.

Helge Lindh

Geboren am 6. Dezember 1976 in Wuppertal; evangelisch-lutherisch; ledig. Studium u.a. der Angewandten Kulturwissenschaften an der Universität Lüneburg; Neuere und Neueste Geschichte einschl. Landesgeschichte, Soziologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Bis 2017 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Landtag NRW. Seit 1999 Mitglied der SPD. Seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages (Sprecher der AG Demokratie der SPD-Bundestagsfraktion); seit 2021 Mitglied im Vorstand der Herzinitiative Wuppertal; Mitglied im Kuratorium des Deutschen Historischen Museums; stellvertretendes Mitglied im Kuratorium der Bundeszentrale für politische Bildung. Mitglied bei folgenden Organisationen: AWO; IG Metall; Förderverein Historisches Zentrum Wuppertal; Initiative Internationales Tanzzentrum Pina Bausch Wuppertal – Verein der Freunde und Förderer u.a.

Der perfekte Mensch. Zukunftsutopien im Spiegel der Religionsphilosophie

Erfolgsmeldungen aus dem Bereich der Articifial Intelligence, der Robotik oder der modernen Medizintechnologie sorgen gegenwärtig immer wieder für Sensationsmeldungen. Biologische, kognitive und soziale Defizite könnten – so wird suggeriert – durch gezielte manipulative Eingriffe mehr und mehr überwunden werden. Die neuen technischen Möglichkeiten scheinen den perfekten Menschen in greifbare Nähe zu rücken. Doch wie realistisch sind diese Szenarien? Und: Was lässt sich aus der Perspektive des Gläubigen dazu sagen?

Prof. Dr. Claudia Paganini

hat Philosophie und Theologie an den Universitäten Innsbruck und Wien studiert. Nach einer Promotion in Kulturphilosophie 2005 widmete sie sich in ihrer Habilitationsschrift, für die sie 2018 mit dem Pater Johannes Schasching SJ-Preis ausgezeichnet wurde, der Medienethik. Weitere Forschungsschwerpunkte sind Medizin-, Tier- und Umweltethik. Derzeit lehrt und forscht Paganini als Vertretungsprofessorin an der Universität Erfurt, in den vergangenen Jahren war sie als Gastdozentin an den Universitäten von Mailand, Athen und Zagreb tätig. Sie ist Mitglied der Ethikkommission der Medizinischen Universität Innsbruck (MUI) sowie der Kommission für Tierversuchsangelegenheiten des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Wien. 

Seit 2021 ist Claudia Paganini Professorin für Medienethik an der Hochschule für Philosophie München (Vertretung)

 

Wie Krisen den Journalismus verändern

Corona stellt auch die etablierten Medien in Deutschland vor immense Herausforderungen: Wie erklärt man eine Pandemie, über die auch Fachleute kontrovers streiten? Das Informationsbedürfnis von Zuschauern, Lesern, Hörern und Usern steigt – doch häufig wird die Unsicherheit trotzdem nicht weniger. Wie finden sich Journalist:innen in der Pandemie zurecht – und das vor dem Hintergrund einer laufenden Glaubwürdigkeitsdebatte? Die Pandemie und eine Medienlandschaft im rasenden Wandel, in der Soziale Medien das Verhältnis zu Informationen radikal verändert haben  lassen Journalist:innen ihr Handwerk noch einmal neu denken. Sie müssen jetzt Wege finden, komplexe Informationen passgenau und knapp zu erklären, um dann mit ihren Rezipienten in einen Dialog zu kommen. Für viele keine leichte Aufgabe, zerren doch Arbeitsverdichtung und die Umschichtung von Ressourcen in neue Ausspielwege neben Homeoffice und dem Erlernen neuer Tools an den Kräften.

 

Julius Hölscher

Jahrgang 1979 ist Redakteur im Landesstudio Duisburg des Westdeutschen Rundfunks. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Entwicklung neuer Workflows und Techniken in der Transformation vom Linearen ins Digitale. Seit dem Studium der Geschichte und Germanistik und dem Volontariat beim WDR arbeitet er für den WDR-Hörfunk und das BBC-Radio 4, das WDR-Fern-sehen und die ARD.

 

„Wir greifen jetzt nach unserem Stück vom Kuchen!“ –

Was junge PoCs von der Gesellschaft einfordern

Die Ereignisse um Geroge Floyd haben getragen durch die „Black Lives Matter“ Bewegung  auch in Deutschland das Thema Rassismus und strukturelle Diskriminierung von People of Color-PoCs in den Mittelpunkt gesellschaftspolitischer Debatten gerückt.  Zu beobachten ist dabei, dass gerade die junge Generation aus diesem  tragischen Ereignis  gestärkt und mit einem neuen Selbstbewusstsein hervorgegangen ist.

Im Rahmen meiner jahrelangen Arbeit mit Vereine und Initiativen von „Migrant:innen“, aber auch  mit Einzelakteur:innen und Jugendlichen, habe ich viele engagierte PoCs kennengelernt, die mit ihrem Einsatz gegen Rassismus und strukturelle Diskriminierung, immer wieder auf Gegenwind gestoßen sind. Häufig waren die Akteur:innen dabei in ihrem Wirkungskreis weitestgehend auf sich gestellt. Das Ergebnis waren nicht selten Gefühle der Ohnmacht, Verbitterung und eine Entfremdung mit der „Mehrheitsgesellschaft“.

Mit der Black Lives Matters Bewegung ist nun ein neuer Geist zu beobachten, der  die jungen Menschen über ihren Einsatz gegen strukturelle Ungleichheiten hinaus dazu antreibt, Forderungen an die Gesellschaft zu stellen. Soziale Medien sowie WhatsApp- oder Telegramm Gruppen wirken sich dabei als Katalysatoren für eine bundesweite Vernetzung  aus und schaffen geschützte Räume des Empowerments.

Die gestiegene öffentliche Auseinandersetzung mit den Themen Rassismus, Kolonialismus, Diskriminierung etc., sorgt allerdings bei vielen Bürger:innen für Unsicherheiten, Irritationen und teilweise Spannung. Aber worum geht es diesen jungen Menschen wirklich? Was sind ihre Forderungen? Und warum möchten sie diese eher gestern als heute erfüllt sehen?

 Zu diesen und weiteren Fragen, möchte ich mit Ihnen auf Grundlage meines Vortrages in einen Dialog treten.

 

 

 

Nkosi Muyisa Muhindo,

für die Grünen im Integrationsausschuss des Wuppertaler Rats, Politikwissenschaftler und Projektmanager für die Kookaburra gGmbH, die sich mit Integration und Diversity beschäftigt. Derzeit ist er als Bildungsreferent tätig und veranstaltet Fortbildungen für Multiplikator_innen, sowie Sensibilisierungsarbeit & Workshops zu den Themen Rassismus, (neo)Kolonialismus und Migration. Sein Ziel ist es durch seine Arbeit als Brücke zwischen Menschen mit unterschiedlichen Kulturen und Lebenswirklichkeiten zu agieren, um ein harmonisches „Miteinander zu fördern.

Optimierung und Veränderung in Organisationen: schneller, besser und erfolgreich oder kontemplativ, beschaulich und pleite?

Teil 1

Die Verbesserungs- bzw. Veränderungsprogramme sind für manche Unternehmen fast zum Dauerzustand geworden. Der Prozessverbesserung folgt das Change Projekt, an das sich eine Restrukturierung anschließt, die aber kurz danach in einer Umorganisation endet, bei der eine neue Führungskraft kommt, die dann auch noch neue Technologien implementiert. Dauermarathon mit Zwischensprints.
Organisationen wollen überleben. Sie wollen oder müssen daher besser und ertragreicher werden. Es geht immer um Weltmeisterschaft nur ohne Pause.
Wie arbeiten, denken und empfinden Menschen in den Organisationen im Zuge dieser Veränderungen? Wie verhalten sich Organisationen und Führungskräfte, um diese Veränderungen zu unterstützen?

Teil 2

Wenn Change-Projekte gestartet werden, gibt es für gewöhnlich zwei wichtige Bewegungen: weg von einer Situation, die als verbesserungswürdig oder gar als nicht mehr erträglich empfunden wird, und hin zu einer optimierten nahen oder fernen Zukunft, in dem das Problem der Gegenwart in neuem Licht erscheint oder idealerweise ganz verschwunden ist. Was heißt es, Menschen auf dieser Reise aus der Gegenwart in die Zukunft in lösungsorientierter Weise zu begleiten? Wie erfinden sich Menschen eine neue Zukunft? Geht das überhaupt? Oder bleiben wir – als Individuen und als Organisationen – doch letztlich immer unseren alten Problemmustern treu und hängen ihnen nur neue Begrifflichkeiten und Beschreibungen um? Im Vortrag wollen wir auf Beispiele aus der Praxis schauen und die Gründe, warum es sich lohnt, an die Kraft der Veränderung zu glauben. 

Erich Karnicnik

Kaufmann und Diplom-Psychologe mit Zusatzausbildungen zum Kommunikations- und Verhaltenstrainer und Coach. Insgesamt 40 Jahren Berufserfahrung in unterschiedlichen Branchen: öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk, in öffentlichen Schulen und im Konzernstab eines internationalen Unternehmens der Elektroindustrie. Coaching und Beratung von Organisationseinheiten, Teams und einzelnen Führungskräften. Zahlreiche Vorträge zu den Themen Führung und Organisationsentwicklung.  

Dr. Niklas Gaupp

Promotion mit einer Arbeit zu Niklas Luhmanns sozialer Systemtheorie an der Universität Oxford. Ausbildungen in systemischer Beratung und Generativem Coaching in Berlin, Wien und Kalifornien. Seit 2017 Berater für die Themen Change und Leadership bei KPMG / Heitger Consulting in Wien. Beratungsschwerpunkte: Innovation, Digitale Transformation, Public Sector. 

„Für das Leben lernen“ – was bedeutet das im digitalen Zeitalter? Wie bereitet Schule heute auf das Leben vor? 

Statt Geschichtsdaten zu pauken, lernen Schülerinnen und Schüler idealerweise, wie sie Informationen suchen, verarbeiten und aufbewahren können. Statt einfach nur Wissen zu konsumieren, analysieren und reflektieren sie ihre Suchergebnisse und produzieren daraus eigene (digitale) Inhalte. In vielen Schulen sind diese Prinzipien schon Alltag, andere sind noch auf dem Weg dorthin. Die digitale Welt verlangt von allen Beteiligten, dass sie sich in einer unaufhörlichen Flut aus Information und Kommunikation, aus technologischem Wandel und zunehmender Automatisierung selbständig zurechtfinden. Nicht nur in der Pandemie. 

Je flexibler und souveräner wir das schaffen, desto erfolgreicher werden wir sein und desto besser können wir uns auch schützen. Wie kann die Schule aber Kinder und Jugendliche darauf vorbereiten? Sicher nicht mit Handyverbot und Digitaldiät. Aber eben auch nicht mit digitalem Dauer-Entertainment. Mein Eindruck ist, dass wir als Gesellschaft auf die digitale Transformation derzeit keineswegs vorbereitet sind. Eine Balance zwischen Abgrenzung und Mitgestaltung zu finden – das fällt zur Zeit nicht nur Lehrkräften schwer. Aus meinem Arbeitsalltag heraus nenne ich einige Beispiele für die Herausforderungen im digitalen Strom der Zeit. Daraus lassen sich Idee für die Schule ableiten, die ich gerne mit den Zuhörern teilen und diskutieren möchte. »

Cornelia Schneider-Pungs

studierte englische und italienische Literatur- und Sprachwissenschaft in Hannover, Bologna und Göttingen. Als Lehrkraft an einer Gesamtschule sammelte sie Praxiserfahrungen im Lehren mit digitalen Mitteln und war gleichzeitig in der Medienberatung aktiv. 2015 wechselte sie ans Niedersächsische Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung und schließlich ans Niedersächsische Kultusministerium. Dort war Sie als persönliche Referentin des Ministers tätig, bevor sie das Interesse für’s Digitale 2018 zu Microsoft ins Education Team führte. Als Learning&Development Managerin leitet sie ein kleines Vertriebsteam und ist für die fachliche Beratung und Fortbildung zuständig.