2018

Vorträge Studienwoche 2018

Ein Überblick der Vorträge

Die Sehnsucht nach Lebendigkeit

Oft wird behauptet, der grundlegende Wert des Lebens sei das Leben selbst. Diese Behauptung wirkt außerhalb eines religiösen Bezugs – das Leben als „Gottesgeschenk“ – wenig überzeugend. Es gibt viele Menschen, denen ihr Leben aufgrund trister Umstände nicht lebenswert scheint. Wenn es einen grundlegenden Wert des Lebens gibt, dann ist es die Lebendigkeit. Von ihr ließe sich sagen, dass sie um ihrer selbst willen angestrebt werde. Ethisch ausgedrückt: Sie ist der fundamentale, intrinsische Wert des Lebens.
Im Laufe der Zeit wurden viele verschiedene Werte als „intrinsisch“ bezeichnet: das Glück, die Autonomie, die Liebe, die Gerechtigkeit, das Streben nach dem Wahren und Schönen. Doch es gibt Deformationen all jener Werte, vom zerstörerischen Glück über den Schönheitswahn bis zum Tugendterror. Daher stellt sich jedes Mal die Frage nach dem wahren Gehalt des intrinsischen Wertes und damit dem guten Leben insgesamt.
Verstehen wir unter „Lebendigkeit“, ideal betrachtet, die Erlebnisform des guten Lebens, dann erweist sich die Sehnsucht nach Lebendigkeit als eine eminent ethische Stimmungslage. Als deren religiöser Horizont gilt, traditionell gesprochen, die „Erlösung vom Übel“. Das Übel repräsentiert demnach eine Variante der Leblosigkeit.

Prof. Dr. Peter Strasser,

Univ.-Prof., Dr. phil., Jg. 1950, seit Oktober 2015 im Ruhestand, unterrichtet Ethik und Religionsphilosophie an der Karl-Franzens-Universität in Graz. 2014: Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik.
Buchpublikationen zum Thema: „Sehnsucht“ (2010); „Was ist Glück? Über das Gefühl, lebendig zu sein“ (2011); „Von Göttern und Zombies. Die Sehnsucht nach Lebendigkeit“ (2016).
2018 erscheint im Verlag Braumüller, Wien, ein Jubiläumsessay zu Oswald Spengler: „Spenglers Visionen. Hundert Jahre Untergang des Abendlandes“.
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Strasser_(Philosoph)

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Gesündeste im ganzen Land?

Medizin und Märchen haben ein merkwürdiges Verhältnis miteinander. Die menschliche Frage nach Sinn am Leben und Leiden wohnt in beiden. Wäre die eine doch so gerne Wissenschaft und die andere so gerne Wahrheit, so sind sie beide doch nur Aggregate: Die erste eines von Erkenntnissen und die zweite eines von Erfahrungen. Und manchmal tauschen sie auch Plätze und Rollen. Die Medizin ist in ihrer interessensgetriebenen Ausdeutung und ihrem strukturellen Selbstverständnis das größte Märchen für Menschen ob krank oder gesund. Es wächst sich aus zum kollektiven Traum der Unsterblichkeit. Ein Fetisch für Reiche und vom Leben Gelangweilte, nimmt sie religionsgleicher Züge an in Gestalt und Vokabular und verwischt gleichzeitig die Grenzen: Heilungsversprechen, Heiler und Heiland: Wir beugen unsere Knie im Fitnessstudio, bauen Kliniken und keine Kathedralen und beten im Badezimmerspiegel, dem Triptychon der Moderne, den Mittelpunkt unserer persönlichen Existenz an: Uns selbst in entrückter Überhöhung: Ecce Deus. Nichts steht mehr fest, außer einem Gott, den ich nach meinem Ebenbild schaffe.

Dr. med. Tobias Daniel Gantner,

MBA, LL. M., studierte Humanmedizin, Philosophie, (Gesundheits-) Ökonomie und Rechtswissenschaften in Deutschland, der Schweiz, der VR China sowie den USA. Nach seiner Assistenzarztzeit in der Chirurgie arbeitete er in Führungspositionen bei mehreren DAX Konzernen und internationalen Unternehmen der Gesundheitsbranche. Er ist Gründer und Geschäftsführer der HealthCare Futurists GmbH. Sein Interesse gilt patientenzentrierter Innovation im Gesundheitswesen in systemischer, politischer und technologischer Hinsicht und der daraus resultierenden Veränderung von Geschäftsmodellen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der digitalen Transformation des Gesundheitswesens. – http://cologne.innovate.healthcare

„Die Verletzlichkeit der Informationsgesellschaft“ – Gesellschaftliche Auswirkungen der Digitalisierung

Über die Auswirkungen der Digitalisierung und der hieraus resultierenden „Verletzlichkeit der Informationsgesellschaft“ sowie die möglichen Auswirkungen auf verfassungsrechtlich geschützte Positionen von Bürgern wurde schon in den achtziger Jahren intensiv nachgedacht. Die damals für möglich gehaltenen Entwicklungen sind nicht oder jedenfalls nicht so wie beschrieben eingetreten. Dafür gibt es andere technische Möglichkeiten, Effekte oder Auswirkungen, die damals nicht möglich oder absehbar waren. Welche möglichen Effekte, Chancen und Risiken sich mit den aktuellen Entwicklungen verbinden und welche (rechtlichen) Absicherungen notwendig wären, um diese für Bürger wie für Anwender gleichermaßen sicher nutzbar zu machen, soll an ausgesuchten Beispielen dargestellt werden.

Prof. Dr. Peter Wedde,

Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft im Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften an der Frankfurt University of Applied Sciences und wissenschaftlicher Leiter der Beratungsgesellschaft d+a consulting in Eppstein. Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen zu arbeits- und technikrechtlichen Themen. Mitglied in Datenschutzbeiräten großer Unternehmen und in der Jury des Big Brother Award („Auszeichnung“ für schlechten Datenschutz).

Stille Post oder das Flüstern der Welt

Terror, Angst, Alternativlosigkeit – Die Welt im Jahr 2016. Um sich sein gutes Gefühl für die Welt zurückzuholen zog Philipp Groten auf einem Sperrmüll-Fahrrad los. Von Deutschland bis an die Grenzen Europas, per Anhalter in Segelbooten über den Atlantik und der Länge nach durch Südamerika bis ans Ende der Welt nach Patagonien.
Am „Lagerfeuer der IAKM“ erzählt er vom ewigen Ringen zwischen Sehnsucht und Angst, von der Magie des Unterwegsseins und von den Geheimnissen, welche die Welt jenen zuflüstert, die sich ihr anvertrauen. Lust auf ein Abenteuer mit Tiefgang?

Philipp Groten,
Philipp Grotens Leben ist eng verwoben mit dem für ihn friedlichsten Fortbewegungsmittel der Welt: Dem Fahrrad. 2011 fuhr er auf zwei Rädern von Wien nach Indien, weil er den Bus verpasste. Nach seiner Rückkehr verfiel er in einen 5-jährigen Dornröschenschlaf, arbeitete als Ingenieur, Yogalehrer und Geschichtenerzähler.

Religion im Alltag: Gott „to go“

Gott in der Kirche, in der Synagoge, im Tempel oder in der Moschee: Damit haben selbst die Ungläubigen unter uns in der Regel keine Probleme. Staat und Kirche, das wissen wir seit den Zeiten der Aufklärung, sollten getrennt sein: Das sichert den gesellschaftlichen Frieden wie ein stabiler Zaun die gute Nachbarschaft.
Was aber, wenn diese für beide Seiten eigentlich sehr bequeme Aufteilung plötzlich nicht mehr gilt? Wenn Priester, Rabbis oder Imame ihren Gott so mundgerecht unter ihre Gläubigen bringen, dass die ihn wie einen belebenden Kaffee im Pappbecher mit auf die Straße nehmen, an ihre Arbeitsplätze oder in ihre Familien? Was ist dann?
Ein Gott der kleinen Dinge und nicht mehr bloß der großen Altäre: Das wird auf jeden Fall spannend. Dieser Gott im Alltag wird enthüllen, welches überwältigende Potential zu allen Zeiten in den Religionen gesteckt hat und immer noch in ihnen steckt. ‚Leider Gottes‘ – und selten war dieser Stoßseufzer angebrachter als hier – leider Gottes ist es gleichermaßen ein Potential für Hass, Aggression und Gewalt wie für Befreiung, Gerechtigkeit und Liebe.

Uwe Bork
studierte an der Universität Göttingen Soziologie, Wirtschafts- und Sozialpolitik, Verfassungsgeschichte, Pädagogik und Publizistik.
Nach dem Studium arbeitete Uwe Bork zunächst als freier Journalist für verschiedene Zeitungen, Zeitschriften und ARD-Anstalten. Bis 2016 Leiter der Fernsehredaktion ‚Religion, Kirche und Gesellschaft’ des Südwestrundfunks in Stuttgart. Für seine Arbeiten wurde er unter anderem mit dem Caritas-Journalistenpreis sowie zweimal mit dem Deutschen Journalistenpreis Entwicklungspolitik ausgezeichnet.
Zusätzlich zu seinen Filmen hat Uwe Bork auch mehrere Bücher veröffentlicht, in denen er sich mit Urteilen und Vorurteilen über Religion auseinandersetzt, und er ist regelmäßiger Autor für das Politische Feuilleton des Deutschlandradios.

Kompetenz 4.0 – Vom Homo sapiens zum Homo digitalis

Früher erlebte man in seinem Leben eine Welt – heute sind es 3, 4 vielleicht sogar 5 Welten. „Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien“, sagte bereits Oscar Wilde. Was uns heute noch utopisch erscheint, kann in Kürze bereits Realität sein.
Bereits im Jahre 1861 fiel das erste Geschäftsmodell der Digitalisierung zum Opfer. Davon ausgehend beleuchte ich im Vortrag verschiedene Stationen im Zeitablauf und vor allem die dadurch steigenden Anforderungen („e-Skills“) an den Menschen. „e-Skills“ dürfen nicht mit „IT-Skills“ verwechselt werden, „e-Skills“ stehen für elektronische Kompetenzen und umfassen Persönlichkeitsmerkmale, die einen Menschen in die Lage versetzen, die digitale Transformation zu bewältigen.
Wenn Sie beispielsweise das von der Maschinenfabrik Reinhausen entwickelte Assistenzsystems ValueFacturing® einführen, katapultiert dies eine traditionelle Fertigung innerhalb von circa. 2 Jahren in eine digitale Hochleistungsfertigung. Dabei hat sich jedoch regelmäßig gezeigt, dass es entscheidend ist, zugleich die „e-skills“ der Mitarbeiter zu entwickeln. Andernfalls verhindern sie, dass der nötige Organisations- und Kulturwandel parallel zum technischen Wandel stattfinden kann.

Johann Hofmann
Dipl. Ing. (FH), Founder and Venture Architect of ValueFacturing®, Digitalisierungsexperte, Praktiker aus Leidenschaft, Redner, Autor, Berater
Nach Abschluss seines Maschinenbaustudiums im Jahre 1989 begann Johann Hofmann als Leiter der NC-Programmierung in der Maschinenfabrik Reinhausen die Daten- und Informationsflüsse papierlos zu systematisieren. So entstand Schritt für Schritt das einzigartige Assistenzsystem ValueFacturing® mit integrierter Datendrehscheibe und Datenpumpe.
Nach 24 Jahren Hartnäckigkeit war eine digitale Lösung für die Hochleistungsfertigung entstanden, mit der Johann Hofmann 2013 den zum ersten Mal vergebenen INDUSTRIE 4.0 AWARD für die Maschinenfabrik Reinhausen nach Regensburg holte.

https://www.JohannHofmann.info